Jungbrunnen Almurlaub

Almgeschichten, 19.03.2023, Elisabeth Tschernitz-Berger

Einen Urlaub in den Bergen und auf der Alm müsste es eigentlich auf Krankenschein geben. Zahlreiche Studien, die die positiven Auswirkungen eines Aufenthalts in moderaten Höhenlagen erforscht haben, belegen die gesundheitlichen Vorteile eindeutig. Nun ist ja ein Bergurlaub mit seinen landschaftlichen Schönheiten, der klaren, kühlen Luft, die mit jedem Höhenmeter weniger Pollen enthält, mit den Naturerlebnisse und den Begegnungen mit Wind, Wetter und Naturphänomenen schon an sich ein Labsal. Wenn man aber die eindeutigen, gesundheitlichen Vorteile bedenkt, ist der Urlaub auf der Alm ein Geschenkt für Leib und Seele.

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Die Dürsteinalm aus der Vogelperspektive | © Urlaub am Bauernhof / Daniel Gollner

Rein in die Wanderschuhe

Also rein in die Wanderschuhe, die Stecken zur Hand, den Rucksack mit Getränken, Jause und wetterfester Jacke gefüllt, die Sonnencreme eingepackt und schon kann es losgehen. Mit jedem Höhenmeter wird der Kopf freier, die Gedanken klarer und die Laune besser, die leeren Batterien werden wieder aufgeladen. Angenehmer Nebeneffekt: Mit jedem Schritt fühlt man sich leichter und das ist keine Einbildung. Denn wie eine Studie der Universität München ergab, kann Bergluft sogar schlank machen. Studienleiter Florian Lippl vermutet, dass die Höhenluft den Appetit zügelt. Denn während der Studie verbrachten 20 übergewichtige Männer eine Woche auf der Zugspitze. Obwohl sie weder Sport trieben noch eine Diät einhielten, nahm jeder Teilnehmer 1,5 Kilogramm ab.

Geringeres Herzinfarkt-Risiko

Wichtiger jedoch sind die gesundheitlichen Effekte, die so ein Berg-Urlaub mit sich bringt. Je höher man hinaufsteigt, desto geringer sei das Herzinfarkt-Risiko, legt eine Studie der Universität Zürich nach. Wer auf einer Höhe von rund 1000 Metern lebt, hat ein um 22 Prozent geringeres Herzinfarkt-Risiko – unabhängig von der körperlichen Ertüchtigung und vom Lebenswandel. Die Universität Köln kam zu einem ähnlichen Ergebnis. In der Höhe nehmen Pulsfrequenz und Blutdruck ab. Dadurch sei das Herz-Kreislaufsystem besser geschützt. Vom positiven Effekt der Bergluft würden Herzpatienten noch acht Monate nach dem Aufenthalt in den Bergen profitieren.

Erholungseffekte sind bewiesen

Besonderes Aufsehen hat die AMAS-Höhenstudie 2000 (Austrian Moderate Altitude Study) vor nunmehr 23 Jahren erregt. Sie war der erste umfangreiche wissenschaftliche Nachweis für den gesundheitlichen Nutzen eines Bergurlaubes. An den Erkenntnissen hat sich bis heute nichts geändert. Es ist noch immer so, dass sich der Aufenthalt in moderaten Höhen positiv auf das Blutbild, den Sauerstofftransport, Blutzucker- und Blutfettstoffwechsel, Pulsverhalten, Gewicht sowie den mentalen Bereich auswirkt.

Bis zum Vorliegen der Studie gab es keine umfassende Antwort auf die Frage nach den Ursachen der Erholungseffekte. Das Forschungsteam um den Vorarlberger Universitätsprofessor Egon Humpeler förderte aber auffallende Ergebnisse und deutliche Trends zutage.

22 übergewichtige Männer

In einer dreiwöchigen Pilotstudie schickte man 22 männliche Probanden zwischen 39 und 65 Jahren, die unter Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht litten, auf einen Bergurlaub in Tirol. Dort zwischen 1400 und 2000 Höhenmetern machten sie Spaziergänge, leichte Wanderungen und ernährten sich normal. Bis zu 200 Parameter wurden vor, während und nach dem Höhenaufenthalt gemessen. Die auffallendsten Ergebnisse: Blutdruck und Puls gingen zurück, bei manchen Probanden konnten sogar die blutdrucksenkenden Medikamente abgesetzt werden. Blutzucker- und Blutfettwerte verbesserten sich, die jungen roten Blutkörperchen, die den Sauerstoff besser transportieren, nahmen eklatant zu, negative Stimmungen gingen zurück, die Laune verbesserte sich merklich und das Gewicht und die Körperfettmasse schmolzen – im Schnitt um zwei Kilogramm.

Mobilisierung der Kräfte

Was ist nun das Geheimnis des Erholungswertes beim Bergurlaub? Die Experten meinen, es liege in der Mobilisierung und Ökonomisierung der Kräfte durch den menschlichen Organismus. Dieser registriert den geringen Partialdruck des Sauerstoffs (milde Hypoxie) in Höhenlagen zwischen 1400 und 2000 Metern und kurbelt die Aktivitäten an, um sie dann zu drosseln. Humpeler vergleicht den Vorgang mit einem Motor: „Zuerst dreht er auf, um voll auf Leistung zu kommen, am Ende eines Höhenaufenthalts läuft er ruhiger, mit niedrigerer Drehzahl. Dabei erbringt er die gleiche, wenn nicht bessere Leistung.“

Dieser „Jungbrunneneffekt“ sei rein höhenbedingt. Die Höhe mobilisiert also körperliche Reserven und allein der Aufenthalt in der Höhe bewirke einen Trainingseffekt. Diese Mobilmachung der körperlichen Aktivitäten ist ein Zusatzbonus, der den Erholungswert ausmache.

Elisabeth Tschernitz-Berger
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